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Ein Jahrhundert Ophüls – Filmgeschichte von Max Ophüls bis Marcel Ophüls

Symposium vom 13. -17. November 2017 in der FH Dortmund und der KHM Köln

Max Ophüls und Marcel Ophüls – Vater und Sohn – zählen zu den großen international anerkannten Filmregisseuren des deutschen, französischen und amerikanischen Kinos im 20. Jahrhundert.

Über seinen Vater lernte Marcel Ophüls bereits alle bedeutenden Vertreter der ersten Filmgeneration um Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Fritz Kortner, Billy Wilder, Josef von Sternberg und Marlene Dietrich kennen. In den 60er Jahren stieß Marcel Ophüls zur französischen Nouvelle Vague und stand in Kontakt mit Jean-Luc Godard, François Truffaut, Louis Malle und Alain Resnais. Er drehte Spielfilme mit Eddie Constantin, Jeanne Moreau, Simone Signoret und Jean-Paul Belmondo.

Eine entscheidende Wende vollzog Marcel Ophüls Ende der 60er Jahre mit seinem Wechsel vom Spielfilm zum Dokumentarfilm. Sein Filmschaffen konzentriert sich auf historische Erinnerung im Spiegel von Zeitzeugenschaft. Für seinen Film über die Nürnberger Prozesse 1974 konnte er noch Hitlers Stararchitekten und Rüstungsminister Albert Speer interviewen, der ihm private Filme von Hitlers Berghof vorführte. Für den Dokumentarfilm „Hotel Terminus. Zeit und Leben des Klaus Barbie“ erhielt Marcel Ophüls 1989 den Oscar.

Marcel Ophüls wird im November 2017, in seinem 90. Lebensjahr, für eine Woche nach  Dortmund und Köln kommen. Im Rahmen seines Besuchs werden in einer Diskussionsrunde sechs seiner eigenen Filme sowie Filme seines Vaters vorgestellt und befragt.

Das komplette Programm finden Sie hier auf der dfi Website

I. Der autobiographische Ansatz
Montag 13. November 2017, Aula der FH Dortmund, Max-Ophüls-Platz 2

Die Fragestellung impliziert, dass persönliche Erinnerung und Zeitgeschichte sich in komplexer Form im Filmschaffen von Max Ophüls und ganz besonders von Marcel Ophüls durchdringen. Sowohl Max Ophüls mit „Spiel im Dasein – Eine Rückblende“ (postum 1959), wie auch Marcel Ophüls mit „Meines Vaters Sohn – Erinnerungen“ (2014), haben darüber hinaus selbst Autobiographien vorgelegt.

Max Ophüls, geboren 1902, begann seine Kariere als Theaterschauspieler. 1923 debütierte er am Schauspielhaus Dortmund erstmals selbst mit einer Regiearbeit. In der Folge wechselte er zum Wiener Burgtheater, wo er aber bereits nach einem Jahr aus antisemitischen Gründen entlassen wurden.

Er drehte ab 1931 fünf Spielfilme in Berlin, darunter „Liebelei“ (1932/1933), die erste seiner Verfilmungen von Werken Arthur Schnitzlers, die seinen Durchbruch als Filmregisseur brachte.

Wie viele andere jüdische Filmkünstler verließ Max Ophüls 1933 Deutschland, er wandte sich zunächst nach Frankreich, wo er weiterhin Filme drehen konnte. Er nahm 1938 die französische Staatsbürgerschaft an, dann emigrierte er 1941 in die USA. Dort inszenierte er 1946-1949 weitere Filme, bis er 1949 von Los Angeles nach Frankreich zurückkehrte. Dort drehte er seine bekanntesten Film „Der Reigen“ (1950) und „Lola Montez“ (1955).

Zur Einführung in Leben und Werk von Max Ophüls wird der Dokumentarfilm „Max Ophüls – Den schönen guten Waren“ (1990), von Martina Müller, und die filmische Autobiographie „Ein Reisender“, die Marcel Ophüls im Jahre 2012 für ARTE gedreht hat, gezeigt. In der Diskussion mit Marcel Ophüls wird nach der besonderen Form und Funktion der autobiographischen Selbstreflexion gefragt.

II. Die Prinzipien von Nürnberg
Dienstag 14. November 2017, Aula der FH Dortmund, Max-Ophüls-Platz 2

Der Schwerpunkt der Diskussion liegt auf dem monumentalen Dokumentarfilm „The Memory of Justice“ (1974) von Marcel Ophüls über die Nürnberger Prozesse. Er hat eine Länge von 4 Stunden und 38 Minuten und war bisher, nur ganz selten zu sehen. Die Einführung zu dem Film wird Dietrich Leder von der Kunsthochschule für Medien in Köln übernehmen.

Das Ereignis des Films, die Nürnberger Prozesse, stellen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts einen entscheidenden Wendepunkt dar. Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher arbeitete nicht nur die Ereignisse auf, die zum 2. Weltkrieg und den unfassbaren Verbrechen des Holocaust geführt haben, sondern versuchte auch, die Prinzipien der Rechtsprechung selbst auf eine neue Grundlage zu stellen.

Durch die ‚Prinzipien von Nürnberg’, die voraussetzen, dass jeder Einzelne für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden kann, wird die Rechtsprechung von einer formalen Logik um eine moralische Ebene erweitert. Heutzutage wird bei den Prozessen des Internationalen Gerichtshofes auf diese Prinzipien Bezug genommen.

Bei Gerichtsprozessen wird die Suche nach der Wahrheit durch das Befolgen geregelter Prozeduren angeleitet, um zu einem so weit wie möglich objektiven Urteil zu gelangen. Der Dokumentarfilm hingegen fällt kein Urteil, dass umgesetzt werden könnte, da er nach anderen künstlerischen Regeln verfährt. Die Protagonisten bei einem Gerichtsprozess: Richter, Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter, aber auch Zeugen, Sachverständige, Übersetzer, Gerichtsdiener, Polizisten, Gerichtsreporter und Zuschauer kommen auch im Dokumentarfilm zu Wort.

Dabei kommt den Zeugenaussagen bei der Suche nach der Wahrheit sowohl im Gerichtssaal wie auch im Dokumentarfilm eine besondere Bedeutung zu. Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass Zeugenaussagen sich widersprechen, mit der Aktenlage oder wissenschaftlichen Beweisen nicht übereinstimmen, durch traumatische Erfahrungen oder andere psychologische Faktoren beeinträchtigt sind. Die Erinnerung ist vielstimmig.

Auch der Ort der Befragung selbst spielt eine entscheidende Rolle. Warum wurde für den Prozess Nürnberg gewählt und wie war die szenische Anordnung im Gerichtssaal?

Marcel Ophüls hat in seinen Dokumentarfilmen dabei ein eigenes Verfahren der historischen Rekonstruktion entwickelt, dass er auch in den späteren Filmen „Hotel Terminus“ und „Novembertage“ angewendet hat.

III. Ophüls meets students
Mittwoch 15. November 2017, Kino im U und im kiU (1. Etage), Leonie-Reygers-Terasse

Während eines Jahres haben Studenten der FH Dortmund, ausgehend von Filmen von Max Ophüls und Marcel Ophüls, eigene Filme gedreht.

Ausgehend von „L’ Amour a vingt ans“ (1962), einem internationalen Episodenfilm, den Marcel Ophüls zusammen mit François Truffaut, Andrzej Wajda, Renzo Rossellini und Shinatrô Ishihara gemacht hat, haben Filmstudenten des 2. Jahres kurze Spielfilme hergestellt. Die Vorlage und die Studentenfilme werden gemeinsam gezeigt.

Soundstudenten haben sich „Gedanken über den Film. Eine Improvisation“ (1956) als Vorlage genommen und selbst das studentische Hörspiel „Gedanken über Tonfilm“ als einen Dialog über die Zeit hinweg produziert. Bei diesem Hörspiel für den Hessischen Rundfunk ist auch Max Ophüls als Sprecher zu hören.

Max Ophüls hat regelmässig für das Medium Radio gearbeitet. Bereits im Jahre 1928 hat er in Köln ein Hörszenario aufgenommen. In seiner Biographie sind 20 Hörspiele aufgelistet, vor allem für den Westdeutschen Rundfunk in Köln, den Schlesischen Funk in Breslau, den Funk in Berlin und den Südwestfunk in Baden-Baden. Darunter sind auch Sendungen der Radiodiffusion Française während des 2. Weltkriegs, die nach Deutschland eingestrahlt wurden.

Auch Marcel Ophüls hat in den 50er Jahren für drei Jahre den Südwestfunk in Baden-Baden gearbeitet und 14 Hörspiele fertiggestellt.

Studenten des 3. Jahres haben sich den Spielfilm „Der Reigen“ (1950) von Max Ophüls nach dem Theaterstück von Arthur Schnitzler zur Vorlage genommen um selbst eine aktuelle Geschichte zu entwickeln. Daraus ist ein Spielfilm von 90 Minuten entstanden, der im Anschluss an die Vorlage gezeigt wird.

Eine weitere Gruppe von Studenten hat sich den Dokumentarfilm „Novembertage“ (1990) über die Öffnung der Mauer zur Vorlage genommen und daraus eigene Projekte entwickelt.

IV. An der Medienschwelle
Donnerstag 16. November 2017, Aula der FH Dortmund, ab 18 Uhr Kino im U

Im Mittelpunkt steht Marcel Ophüls‘ bekanntester Film „Hotel Terminus“ (1988), über den Leiter der Gestapo in Lyon, Klaus Barbie, während des 2. Weltkriegs und die Rekonstruktion seiner Verbrechen durch Zeitzeugen und Dokumente während des Gerichtsprozesses in Frankreich 1987.

Die Dokumentarfilme von Marcel Ophüls befragen noch lebende Zeitzeugen des 2. Weltkriegs oder nutzen Dokumente über deren Befragung. Zugleich ist Marcel Ophüls selbst einer der immer weniger werdenden Zeugen der vom Nationalsozialismus ausgelösten Katastrophen und Vertreibungen: in Frankfurt geboren, mit 6 Jahren von Berlin nach Paris ins Exil, mit 14 Jahren nach Amerika ins zweite Exil, mit 18 Jahren als amerikanischer Soldat 1945 in Japan, mit 23 Jahren zurück nach Frankreich und Deutschland. Seine Dokumentarfilme verdoppeln gewissermaßen die historische Erinnerung und persönliche Erfahrung, wie sie allerdings nur seiner Generation noch unmittelbar zugänglich waren.

‚Medienschwelle’ bedeutet, dass die Ereignisse des 2. Weltkrieges in Zukunft nur noch in medialer Form vermittelbar sein werden. Dies ist insofern auch von Bedeutung, weil der 2. Weltkrieg das erste Ereignis war, das filmisch umfassend dokumentiert wurde. Auf deutscher Seite haben 3000 Kameraleute wöchentlich 20’000 Filmmeter produziert. Wie soll und kann dieses Material Zukunft in im Kontext von neuen und anderen Fragestellungen verwendet werden?

V. Staffelübergabe
Freitag 17. November 2017, Kunsthochschule für Medien Köln, Filzengraben 2

Am fünften Tag wird Marcel Ophüls an der Kunsthochschule für Medien in Köln zu Gast sein und seinen Dokumentarfilm über den Fall der Mauer „Novembertage“ (1990) präsentieren.

Für ihn stellte die Wiedervereinigung und damit auch dieser Film wohl den endgültigen Abschluss des 2. Weltkriegs, den er erlebt hatte, und damit den Abschluss einer autobiographischen Erfahrung dar, während der Mauerfall für die meisten Studenten, die zu dem Zeitpunkt noch gar nicht geboren waren, bereits ein unpersönliches historisches Ereignis bedeutet.

Angesichts solcher Generationensprünge soll der Film als Ausgangspunkt für Überlegungen dienen, wie eine Reflexion über aktuelle Situationen mit historisch zurückliegenden Ereignissen in einen analytischen Zusammenhang gebracht werden kann, der als Grundlage für eine differenzierte dokumentarische Filmsprache dient. Aus diesem Grund werden auch in Zukunft Dokumentarfilme, wie sie Marcel Ophüls geschaffen hat, beispielhaft sein. Dafür danken wir ihm.

Das komplette Programm finden Sie hier auf der dfi Website

Organisation und Kontakt:

Fachhochschule Dortmund
Studiengänge BA Film & Sound, MA Studiengang Film
Prof. Sandra Hacker (sandra.hacker@fh-dortmund.de)
Prof. Fosco Dubini (fosco.dubini@fh-dortmund.de)
Max-Ophüls-Platz 2
44137 Dortmund

Kunsthochschule für Medien
Prof. Dietrich Leder
Peter-Welter-Platz 2
50676 Köln

Filmbüro NW e.V.
Im Mediapark 7
50670 Köln

Dokumentarfilminitiative
Petra L. Schmitz
Im Mediapark 7
50670 Köln

Eintritt: frei

Veranstaltungsorte:

Aula der FH Dortmund,
Max-Ophüls-Platz 2,
44137 Dortmund

Kino im Dortmunder U
kiU, Zentrum für Kunst und Kreativität
Leonie-Reygers-Terrasse
44137 Dortmund

Kunsthochschule für Medien
Filzengraben 2
50676 Köln

Das Symposium wird veranstaltet von der FH Dortmund und der Kunsthochschule für Medien Köln in Kooperation mit der Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW und dem Filmbüro NW. Förderer der Kooperation mit der dfi ist das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.

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