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„Kinos und Festivals müssen so bald wie möglich wieder eröffnen können“

Sonja Hofmann im Interview auf medienstadt.koeln

In welcher Stimmung starten Sie ins neue Jahr? 

Vorsichtig optimistisch und zugleich wachsamen Auges:

Die Tatsache, dass die Kultur mit ihrer Kreativität, Inspiration und Begeisterungsfähigkeit den Menschen sehr gefehlt hat, bedeutet eine verstärkte Wertschätzung auch für die Filmkultur; dies kam auch in der Politik an, die teils schnell mit Hilfen reagiert hat: Die neuen Ausfallfonds der Landesregierung NRW (siehe Antwort b) oder die 15.000 Stipendien für freischaffende Künstler*innen des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW sind auch als Ausdruck dieser Wertschätzung und Unverzichtbarkeit zu sehen.

Die Erfahrungen aus 2020 zeigen zudem, dass durch die Einschränkungen der Pandemie der Vernetzungsgedanke innerhalb der Branche noch an Bedeutung hinzugewonnen hat: Die verschiedenen Verbände der Filmwirtschaft und Kultur wie auch der Kulturrat NRW haben verstärkt den Austausch gesucht, um gemeinsame Positionen zu formulieren. Dieses Engagement hat dazu beigetragen, dass Soforthilfen und gesonderte Beratungsprogramme auf den Weg gebracht wurden.

Die Auswirkungen der Pandemie werden uns jedoch noch längerfristig beschäftigen; die Nöte der Filmschaffenden und der Branche gilt es auch weiterhin genau zu beobachten und zu begleiten, um weiter gemeinsam Hilfsprogramme einzufordern und stetig nachzubessern.

Inwieweit haben Sie aufgrund der Pandemie Ihr Geschäftsmodell, Ihre Arbeitsweise und/oder Ihre Unternehmensstrukturen verändert? 

Neben einer starken Zunahme digitaler Arbeitsabläufe, der Verlagerung von Meetings und Events, die der Branchen-Vernetzung dienen, in den Online-Bereich, mussten Filmproduktionen, Veranstaltungsorte, Filmfestivals etc. neue Abläufe entwickeln, sich neu „erfinden“.

Festivals: Die vielfältigen Filmfestivals in Köln und NRW haben Hygienekonzepte entwickelt und erfolgreich Online- und Hybrid-Modelle auf den Weg gebracht, um trotz der neuen Herausforderungen stattfinden zu können. Als Orte der Begegnung, Vernetzung und Resonanz fehlen die Festivals wie auch die Kinos der Branche jedoch enorm.
Kinos: Abspielorte mussten den Hygiene- und Infektionsschutzkonzepten gerecht werden; zusätzlich zum eingeschränkten Kinobetrieb wurden Online- und Streaming-Modelle entwickelt. Aufgrund der sehr starken Umsatzeinbußen unterstützte die Film- und Medienstiftung NRW die Kinos mit Soforthilfen und einer Verdopplung der Programmprämien; die Landesregierung legte das Hilfsprogramm „Film ab NRW“ für Kinobetriebe auf.

Filmproduktionen: Durch die Pandemie wurde vor allem das Thema der Risikoabsicherung extrem wichtig. Das gleiche gilt für die Beteiligung der Sender an den Mehrkosten, die durch aufwändige Hygienemaßnahmen sowie durch Drehabbrüche oder -verschiebungen und den damit verbundenen deutlich längeren Produktionszeiten entstehen. Die Hauptlast des Fertigstellungsrisikos liegt bei den Produktionsfirmen. Besonders stark wurden in diesem Zusammenhang daher Ausfallfonds diskutiert, an denen sich der Bund bzw. die Länder und TV-Sender paritätisch beteiligen; nach dem Ausfallfonds I für Kinoproduktionen und High-End-Serien, der vergangenen September vom Bund auf den Weg gebracht wurde, trat nun Anfang Januar der Ausfallfonds II unter maßgeblichem Einsatz der NRW-Staatskanzlei in Kraft, der bei Corona-bedingten Produktionsstörungen für TV- und Streamingproduktionen beantragt werden kann und von den Ländern wie von Sendern und Streaming-Anbietern getragen wird.

Welche Veränderungen werden dauerhaft sein?

Die Digitalisierungsprozesse wurden insgesamt durch die Pandemie stark beschleunigt. Dies zeigt sich etwa im Ausbau der Mediatheken der Sender und weiterer Streamingplattformen. Auch Kinos und Verleihfirmen bieten zusätzlich digitale Filmstarts an, und Festivals werden weiterhin Online- oder Hybrid-Modelle kreieren, wie zum Beispiel gesonderte Online-Wettbewerbssektionen oder Interviewformate per Videocall. Doch sind diese Angebote nur ergänzend zu sehen. Kinos und Festivals müssen als lebendige Orte des kreativen Austauschs, der Vernetzung, Rezeption und Resonanz so bald wie möglich wieder eröffnen können. Trotz der erwähnten Soforthilfeprogramme werden die Auswirkungen der Pandemie noch längerfristig spürbar sein. Weitere Hilfen sind unabdingbar, um die Unabhängigkeit und Vielfalt der Branche – der solo-selbständigen Künstler*innen und Filmschaffenden, der Produktions-, Verleihfirmen und der Abspielstätten – auch weiterhin zu gewährleisten.

Was erwarten Sie für das Jahr 2021? 

Der persönliche und kreative Austausch innerhalb der Branche und auch das Feedback von Zuschauer*innen sind für die Filmschaffenden unabdingbar. Dies lässt sich nicht auf digitalen Wegen ersetzen. Ich erwarte für 2021, dass Veranstaltungsorte, sobald die Bedingungen es zulassen, wieder zugänglich sein werden und freue mich bereits sehr auf den Besuch von Kinos und Festivals.

Auch in 2021 wird es von großer Wichtigkeit sein, mit den Sendern, der Politik und Förderanstalten im Austausch zu bleiben, um weiterhin an der Verbesserung der Absicherungen der Branche zu arbeiten und gemeinsam an Programmstrategien zu justieren. Hierzu werden die in 2020 bereits begonnenen Gesprächsformate und Arbeitsgruppen weitergeführt und vertieft werden. Auch für die wichtige Vernetzung innerhalb der Branche gilt es, stetig im Austausch miteinander zu bleiben, Problemfelder zu diskutieren und gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.

 

Das Interview ist Teil der Reihe „Rückblick 2020 – Ausblick 2021“ auf medienstadt.koeln, einem Angebot der IHK, Köln und der Köln Business

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